Durch meine Brille: Wie unsere „private Logik“ und unser gefärbter Blick unser Leben formen
- Nicole Ardin
- 8. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Kennst du das Gefühl, dass du manchmal an einer Situation völlig anders „dran“ bist als andere? Dass deine Interpretation der Welt so einzigartig und doch so automatisch passiert, dass du kaum merkst, wie sehr sie deinen Alltag und deine Entscheidungen prägt? Genau das beschreibt die Psychologie mit Begriffen wie „private Logik“ und „tendenzöse Apperzeption“ (ja, ein Zungenbrecher, ich weiss) – zwei spannende Konzepte, die erklären, warum wir alle durch eine ganz eigene Brille schauen.

Was ist „private Logik“?
Der österreichische Psychotherapeut Alfred Adler prägte den Begriff „private Logik“. Er meint damit die inneren Annahmen, Werte und Überzeugungen, die wir im Laufe unseres Lebens unbewusst entwickeln, um die Welt zu verstehen und uns darin zurechtzufinden. Diese private Logik ist wie eine persönliche Landkarte, die unsere Sicht auf uns selbst, andere Menschen und die Ereignisse um uns herum prägt. Sie erklärt, warum wir oft so handeln, fühlen und denken, wie wir es tun – auch wenn es für andere manchmal schwer nachvollziehbar ist.
Und was bedeutet „tendenziöse Apperzeption“?
Der Begriff „tendenziöse Apperzeption“ stammt aus der Wahrnehmungspsychologie und beschreibt, dass unsere Wahrnehmung niemals neutral ist, sondern immer durch unsere persönlichen Erfahrungen, Erwartungen und inneren Einstellungen voreingenommen oder gefärbt wird. Wir „nehmen“ (apperzipieren) die Welt durch einen subjektiven Filter wahr, der beeinflusst, was wir sehen und wie wir es interpretieren. Das bedeutet: Wir sehen nicht einfach die objektive Realität, sondern unsere ganz persönliche Version davon – unsere eigene Brille, die den Blick auf alles prägt, was uns begegnet. Und das ist nichts schlechtes, sondern ein natürlicher Teil unseres Seins.
Meine Brille als Metapher für diese „private Logik“ und „tendenziöse Apperzeption“
Meine Brille – die ich durch meine Sehschwäche im echten Leben trage – ist für mich viel mehr als nur ein Hilfsmittel, um klarer zu sehen. Sie ist zum Symbol geworden für meine Haltung und meinen Umgang mit mentaler Gesundheit: Wie wir unsere individuelle Wahrnehmung verstehen und achtsam hinterfragen können, um neue Perspektiven zu gewinnen. Wenn ich meine Brille aufsetze, erinnere ich mich daran, dass mein Blick auf die Welt immer subjektiv ist. Das macht es spannend, offen zu bleiben für andere Sichtweisen – und auch für neue Einsichten in mich selbst.
Warum ist das wichtig für Mental Wealth?
Mentale Gesundheit bedeutet für mich auch, die eigene „private Logik“ und die „tendenziöse Apperzeption“ zu erkennen und zu verstehen. Nur so können wir:
festgefahrene Gedankenmuster lösen
mit mehr Selbstmitgefühl auf uns blicken
bessere Entscheidungen treffen
empathischer mit anderen umgehen
Wie kannst du deine Brille putzen und den Blick weiten?
Hier ein paar kleine Impulse, um deine subjektive Wahrnehmung bewusst zu reflektieren:
Frage dich: Welche Überzeugungen trage ich mit mir? Sind sie hilfreich oder bremsen sie mich? Die tiefenpsychologisch gefärbte Lebensstilarbeit der Individualpsychologie kann hier übrigens sehr hilfreich sein.
Perspektivwechsel üben: Versuche, Situationen aus der Sicht anderer zu sehen – wie sehen sie deine Brille?
Achtsamkeit praktizieren: Beobachte deine Gedanken und Gefühle ohne Bewertung, erkenne Muster und Automatismen.
Offen bleiben: Neue Informationen oder Erlebnisse können deine Brille erweitern oder sogar verändern.
Fazit
Jede:r von uns trägt eine eigene Brille – geprägt von unserer Geschichte, Erfahrungen und Werten. Dieses Bewusstsein ist ein wichtiger Schritt zu mentaler Stärke und Wohlbefinden. Meine Brille erinnert mich täglich daran: Schau genau hin – und öffne dich für neue Perspektiven. Was zeigt dir deine Brille?
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