Ach, die Feiertage. Eine Zeit voller funkelnder Lichter, herzlicher Traditionen und... sensorischer Überforderung. Für hochsensible Personen (HSPs) kann das, was viele als „die schönste Zeit des Jahres“ feiern, auch die anstrengendste sein. Zwischen den Menschenmassen, dem endlosen Sozialisieren und den allgegenwärtigen Weihnachtsliedern (fühlt sich noch jemand jeden Dezember von Mariah Carey persönlich angegriffen?), kann sich diese magische Jahreszeit wie ein Belastungstest anfühlen. Lass uns also genauer betrachten, warum die Feiertage für HSPs besonders herausfordernd sein können – und vor allem, wie wir unseren inneren Frieden bewahren und trotzdem Freude finden können.
Was bedeutet es, hochsensibel zu sein?
Hochsensible Personen sind Menschen mit einem fein abgestimmten Nervensystem. Der Begriff wurde von der Psychologin Dr. Elaine Aron geprägt und beschreibt etwa 15–20 % der Bevölkerung, die sensorische Eindrücke tiefer verarbeiten als andere. Diese Sensibilität ist nicht nur emotional, sondern auch biologisch bedingt. HSPs nehmen oft Feinheiten wahr, die anderen entgehen, haben ein reiches Innenleben und sind zutiefst empathisch. Gleichzeitig neigen sie jedoch auch stärker zur Überstimulation, insbesondere in Umgebungen mit übermäßigem Lärm, grellen Lichtern oder widersprüchlichen Anforderungen.
Während der Feiertage können diese Eigenschaften den Stress verstärken. Helle Dekorationen, überfüllte Einkaufszentren und die unaufhörlichen Erwartungen bei Familientreffen können das Nervensystem eines HSPs schnell überfordern. Selbst freudige Aktivitäten können erdrückend wirken, wenn sie alle auf einmal auf uns zukommen.
Warum die Feiertage überwältigend sein können
Soziale Überforderung: Weihnachtsfeiern und Familienessen bedeuten oft lange Stunden voller Smalltalk, lauter Umgebungen und emotionaler Dynamiken. Für HSPs fühlt sich das oft weniger wie eine Feier und mehr wie ein Marathon an.
Sensorische Überforderung: Stell dir vor: blinkende Lichter, festliche Musik in Dauerschleife und der Duft von Zimt in jedem Geschäft. Was für manche festlich wirkt, kann für HSPs wie ein sensorisches Minenfeld sein.
Der Druck, es allen recht zu machen: HSPs sind oft von Natur aus fürsorglich und harmoniebedürftig, was bedeutet, dass sie sich häufig zu sehr verausgaben, um sicherzustellen, dass alle glücklich sind. Das Ergebnis? Emotionale und körperliche Erschöpfung.
Verlust der Routine: Die Feiertage bringen den gewohnten Tagesablauf durcheinander, und HSPs gedeihen oft mit Struktur. Reisen, späte Nächte und üppige Mahlzeiten können schnell ein Gefühl der Haltlosigkeit erzeugen.
Strategien für eine entspanntere Weihnachtszeit
Setze liebevolle Grenzen: Lehne Einladungen, die dir zu viel werden, höflich ab. Es ist völlig in Ordnung zu sagen: „Ich komme gerne, aber ich werde etwas früher gehen, um mich wieder aufzuladen.“ Grenzen sind nicht egoistisch; sie sind Selbstfürsorge.
Schaffe ruhige Momente: Reserviere dir gezielt kleine Zeitfenster, um dich zurückzuziehen und wieder Kraft zu tanken. Das könnte ein Spaziergang an der frischen Luft während einer Feier oder ein gemütlicher Abend zu Hause zwischen vollen Tagen sein.
Vereinfachedas Schenken: Anstatt sich wegen des „perfekten“ Geschenks zu stressen, ziehe entspannte Alternativen in Betracht, wie selbstgemachte Leckereien, handgeschriebene Karten oder Erlebnisse statt materieller Dinge.
Übe dich im "dich erden": Tiefes Atmen, Achtsamkeit oder das Mitführen eines beruhigenden Gegenstands (hallo, handliche Edelsteine) können helfen, dich im Moment zu erden.
Erinnere dich an das Wesentliche: Konzentriere dich darauf, was dir in der Weihnachtszeit wirklich wichtig ist, sei es die Verbindung mit geliebten Menschen, das Praktizieren von Dankbarkeit oder einfach eine Tasse Tee am Kamin zu genießen.
Eine persönliche Perspektive
Eine meiner größten Herausforderungen in der Weihnachtszeit war immer das Harmoniebedürfnis. Dieser unausgesprochene Druck, alle Erwartungen zu erfüllen – zu jeder Feier zu gehen, jeden Freund zu treffen und sicherzustellen, dass alle Familientraditionen reibungslos ablaufen. Früher habe ich mich oft überfordert, indem ich Ja sagte, wenn ich dringend Nein sagen musste. Das Ergebnis? Erschöpfung, Gereiztheit und ein schleichendes Gefühl der Frustration.
Unvergessen bleibt mir das Jahr meines „Weihnachtsmarathons“: drei aufeinanderfolgende Tage voller Familientreffen, jedes überladen mit Feiertagsstimmung, endlosem Geplauder und der einen oder anderen unangenehmen politischen Diskussion. Für manche mag das nach purer Festtagsfreude klingen. Für mich fühlte es sich an wie ein Marathon – nur ohne Medaille am Ende. Am dritten Tag war meine Fröhlichkeit völlig aufgebraucht, und ich sehnte mich nur nach einer ruhigen Ecke und geräuschunterdrückenden Kopfhörern.
Die Ironie? In meinem Bemühen, für alle anderen magische Momente zu schaffen, war ich selbst zu erschöpft, um sie zu genießen. Ich habe auf die harte Tour gelernt, dass ich, wenn ich mich zu sehr verausgabe, nicht nur ausgelaugt bin, sondern auch um die Freude beraubt werde, die ich so sehr teilen wollte.
Heute habe ich den Marathon gegen ein nachhaltigeres Tempo eingetauscht – schließlich hat selbst der Weihnachtsmann nach Heiligabend eine Pause. Ich habe die Kraft des „Neins“ und die Kunst der Priorisierung für mich entdeckt. Ich frage mich jetzt: „Was würde diese Zeit für mich persönlich bedeutungsvoll machen?“ anstatt meine Pläne nur an den Erwartungen anderer auszurichten. Es hat alles verändert.
Eine Ermutigung für HSPs
Mein Punkt ist, liebe HSP: Du musst nicht alles schaffen. Die Magie der Feiertage liegt nicht in perfekt verpackten Geschenken oder dem Besuch jeder Veranstaltung. Sie liegt in den stillen Momenten, den aufrichtigen Verbindungen und der Freude, die du auf deine Weise findest. Indem du deine Bedürfnisse respektierst und deine Sensibilität als Stärke annimmst, kannst du eine Weihnachtszeit schaffen, die sich so magisch anfühlt, wie sie aussieht.
Also, schmücken wir dieses Jahr die Hallen – aber schützen wir auch unseren Frieden. Zünde eine Kerze an, spiele beruhigende Musik, und lass die Feiertage in deinem eigenen Tempo geschehen. Denn wenn HSPs eines können, dann ist es, die Schönheit in den kleinen Dingen zu finden – selbst im Chaos der Weihnachtszeit.
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