„Früher war alles besser“ – Mythos oder Realität?
- Nicole Ardin
- 17. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Ah, der Klassiker: „Früher war alles besser.“ Wir alle haben ihn schon gehört – besonders, wenn es um Ehe, Familie oder Rollenbilder geht. Doch bevor wir nostalgisch werden: Häufig steckt dahinter nicht mehr als eine rosarote Brille auf unsere Erinnerungen.
Spoiler: Die Realität war selten so harmonisch, wie Oma sie uns vielleicht erzählt hat.
Rosy Retrospection: Wenn Erinnerungen uns täuschen
Ein wichtiger psychologischer Mechanismus spielt hier eine entscheidende Rolle: Rosy Retrospection. Das ist die Tendenz, vergangene Ereignisse positiver zu erinnern, als sie tatsächlich waren. Unangenehme oder belastende Aspekte werden ausgeblendet. Kurz gesagt: Wir verklären die Vergangenheit – sorry to burst your bubble!
Frage an dich: Welche nostalgischen Vorstellungen prägen noch deine Sicht auf Beziehungen?

Die Realität hinter traditionellen Ehe- und Familienbildern
Historische Rahmenbedingungen prägten Partnerschaften massiv. Viele Frauen blieben damals nicht aus Liebe in ihren Ehen, sondern aus Mangel an Alternativen:
Zugang zu eigenem Einkommen oder finanziellen Ressourcen war oft eingeschränkt.
Rechtliche Abhängigkeiten vom Ehemann erschwerten Selbstständigkeit.
Häusliche Gewalt und eheliche Vergewaltigung waren gesellschaftlich toleriert und rechtlich kaum sanktioniert.
Kurz gesagt: Freiheit und Selbstbestimmung waren keineswegs selbstverständlich.
Familienplanung im historischen Kontext
Eingeschränkter Zugang zu Verhütungsmitteln führte zu häufigeren und ungewollten Schwangerschaften.
Höhere Kindersterblichkeit beeinflusste die Familiengrösse.
Mangelnde medizinische Versorgung und Geburtsrisiken waren für Frauen normal.
Warum nostalgische Verklärung problematisch ist
Das Ideal „früher war alles besser“ kann heutige Erwartungen verzerren:
Trennungen oder alternative Beziehungsformen sind heute Ausdruck von Wahlfreiheit, nicht von „Beziehungsunfähigkeit“.
Moderne Partnerschaften basieren zunehmend auf Gleichberechtigung, Kommunikation und gegenseitigem Respekt.
Impulse für dich: Welche Vorstellungen aus alten Geschichten beeinflussen noch deine Erwartungen an Partnerschaften?
Vielfalt der Beziehungsmodelle und psychische Gesundheit
Forschung zeigt: Vielfältige Beziehungsformen – einschliesslich polyamorer oder queerer Beziehungen – sind nicht nur existent, sondern oft auch mit hoher Zufriedenheit und psychischer Gesundheit verbunden. Studien fanden keine signifikanten Unterschiede in Beziehungsqualität oder sexueller Zufriedenheit zwischen monogamen und konsensuell nicht-monogamen Partnerschaften (Taylor & Francis, 2025; The Guardian, 2025).
Takeaway: Offenheit für vielfältige Lebensentwürfe kann unser Beziehungsleben bereichern und die psychische Gesundheit fördern.
Bewusste Wahlfreiheit statt nostalgischer Verklärung
Das Ideal „früher war alles besser“ beruht häufig auf verzerrten Erinnerungen – aber das heisst nicht, dass die Vergangenheit automatisch schlecht war. Es gab durchaus schöne, wertvolle Momente. Gleichzeitig lohnt es sich, die rosarote Brille abzusetzen: Denn die Realität beinhaltete auch erhebliche Einschränkungen und Ungleichheiten, die wir nicht romantisieren sollten. Das heisst, unter anderem auch, dass selbst ältere Paare die Möglichkeit haben, ihre Beziehung freier, bewusster und authentischer zu gestalten – eine wertvolle Errungenschaft, die wir anerkennen sollten.
Heute haben wir ausserdem die Chance, bewusst zu wählen:
Welche Partnerschaften stärken uns wirklich?
Welche Werte sind uns in Beziehungen wichtig?
Wo können wir Unterstützung einholen, um gesunde Partnerschaften zu gestalten?
Fazit: Wahlfreiheit, Offenheit und Respekt sind die Grundlagen moderner Beziehungs- und Familiengestaltung – Werte, die es zu fördern gilt.
Rebel Takeaway
Vergiss die rosarote Brille! Vergangenheit schönreden ist einfach, sie zu verstehen verstehen hingegen erfordert Reflexion. Nutze heute die Freiheit, deine Beziehungen nach deinen Regeln zu gestalten – mit Bewusstsein, Respekt und einer ordentlichen Portion Selbstbestimmung. Und ja: Manchmal ist das chaotisch, manchmal wunderbar – aber immer authentisch.




Kommentare