Von Wellness zu Mental Wealth: Warum dein Unternehmen eine Arbeitsplatz-Revolution braucht
- Nicole Ardin
- 14. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz ist kein „Nice-to-Have“—sondern eine strategische Notwendigkeit. Dennoch drehen sich in vielen Unternehmen Gespräche über das Wohlbefinden oft noch um Zusatzangebote wie Yoga in der Mittagspause, Obstkörbe im Pausenraum oder gelegentliche Achtsamkeits-Webinare. Während diese Initiativen gut gemeint sind und durchaus ihren Platz haben, kratzen sie nur an der Oberfläche dessen, was wirklich notwendig ist.
Um einen Arbeitsplatz zu schaffen, an dem Mitarbeitende aufblühen können und nicht nur durchhalten, müssen wir über Wellness-Initiativen hinausgehen und in ganzheitliche, wissenschaftlich fundierte Mental Wealth-Strategien investieren. Das bedeutet, auf die Systeme, die Führungskultur und die alltäglichen Realitäten zu schauen, die die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden prägen—denn keine noch so vielen Atemübungen können den Stress eines chronisch toxischen Arbeitsumfelds ungeschehen machen.

Die Schweizer Landschaft: Ein genauerer Blick
Aktuelle Studien zeigen, dass etwa 26% der Schweizer Arbeitnehmer von psychischen Gesundheitsproblemen berichten, wobei 15% unter Depressionen leiden. Alarmierend ist, dass 77% diese Probleme direkt auf ihr Arbeitsumfeld zurückführen, mit Symptomen wie Müdigkeit, Schlafstörungen und Angstzuständen.Quelle: swissinfo.ch
Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind ebenso besorgniserregend. Schätzungen zufolge verursacht arbeitsbedingter Stress in der Schweiz jährlich CHF 6,5 Milliarden an Kosten, was etwa 1% des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Zusätzlich führt Präsentismus—also die Anwesenheit von Mitarbeitenden trotz Krankheit—zu einem jährlichen Produktivitätsverlust von CHF 5 Milliarden. Quellen: Wikipedia | IamExpat.ch
Die Einschränkungen traditioneller Wellness-Programme
Individuelle 'Wohlfühlpraktiken' wie Yoga oder Achtsamkeitssitzungen können eine bedeutende Rolle dabei spielen, den Mitarbeitenden zu helfen, Stress zu managen und mentale Resilienz aufzubauen. Diese Tools—wenn sie evidenzbasiert und zugänglich sind—können Mitarbeitende befähigen, ihren Arbeitstag besser zu bewältigen, die Konzentration zu verbessern und die emotionale Regulierung zu unterstützen.
Evidenzbasierte Ansätze wie MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) haben beispielsweise signifikante, wissenschaftlich fundierte Vorteile für die Reduktion von Stress, emotionale Regulierung und Resilienz gezeigt. MBSR wurde erfolgreich in organisatorischen Kontexten integriert und hat die kognitive Leistung verbessert sowie Burnout verringert. Jedoch ist selbst MBSR—trotz seiner Robustheit—keine Allheilmittel.
Ohne die systemischen Arbeitsplatzprobleme zu adressieren, wie zum Beispiel:
Unrealistische Arbeitsbelastungen und chronische Unterbesetzung
Mangelnde psychologische Sicherheit
Ineffektive Führung
Unklarheit bei den Rollen
... wird selbst das achtsamste Team Schwierigkeiten haben, wirklich zu gedeihen!
Kurz gesagt, Stressbewältigungstechniken können ein leistungsstarkes Werkzeug sein, aber sie müssen in eine umfassendere Strategie für die organisatorische Gesundheit eingebunden werden, um wirklich einen positiven Einfluss zu haben.
Mental Wealth-Strategien annehmen
Eine Mental Wealth-Strategie geht über individuelle Interventionen hinaus und umfasst organisatorische Veränderungen. Wichtige Bestandteile sind:
Führungstraining: Führungskräfte mit den Fähigkeiten ausstatten, um psychische Gesundheitsprobleme zu erkennen und zu adressieren. Trainings wie die von ensa können in diesem Bereich einen echten Unterschied machen.
Politikentwicklung: Klare Richtlinien einführen, die Work-Life-Balance und psychologische Sicherheit fördern.
Mitarbeiterbeteiligung: Die Mitarbeitenden zur Teilnahme am Entscheidungsprozess ermutigen, um Engagement und Autonomie zu steigern.
Kontinuierliche Evaluation: Regelmässige Bewertungen der Wirksamkeit von mentalen Gesundheitsinitiativen und notwendige Anpassungen vornehmen.
Der Business Case für Mental Wealth
In mentale Gesundheit zu investieren ist nicht nur eine moralische, sondern auch eine strategische Notwendigkeit. Die Vorteile beinhalten:
Erhöhte Produktivität: Gesunde Mitarbeitende sind fokussierter und effizienter. In der Schweiz macht Präsentismus—also das Arbeiten trotz Krankheit—ungefähr zwei Drittel des gesamten gesundheitsbedingten Produktivitätsverlustes aus, fast dreimal so hoch wie die Kosten durch Abwesenheit.
Reduzierte Abwesenheiten und Präsentismus: Das Angehen von psychischen Gesundheitsproblemen kann zu erheblichen Reduktionen bei den verlorenen Arbeitstagen führen. Im Jahr 2022 berichteten über 26% der Schweizer KMU, dass Abwesenheiten aufgrund psychischer Gesundheitsprobleme negative Auswirkungen auf ihr Unternehmen hatten. Die Implementierung von Programmen zur mentalen Gesundheit kann sowohl die Abwesenheit als auch den Präsentismus erheblich verringern.
Quelle: Swiss SME Report on Mental Health Absences – SECO (2023)
Erhöhte Mitarbeiterbindung: Ein unterstützendes Arbeitsumfeld fördert die Loyalität und verringert die Fluktuation. Studien zeigen, dass 79% der Mitarbeitenden eher bei einem Unternehmen bleiben, das hochwertige Unterstützung im Bereich mentale Gesundheit bietet.
Quelle: Modern Health Report (2023)
Eine Analyse zeigte, dass ein Unternehmen mit 10.000 Mitarbeitenden durch die Verbesserung der mentalen Gesundheitsressourcen 137 Mitarbeitende pro Jahr zusätzlich binden könnte, was Einsparungen von CHF 3,8 Millionen bis CHF 5,8 Millionen bei Rekrutierung und Schulung zur Folge hätte.
Quelle: Uprise Health – The ROI of Workforce Mental Health (2023)
Positive organisatorische Reputation: Unternehmen, die mentale Gesundheit priorisieren, ziehen Top-Talente an und stärken ihre Arbeitgebermarke. Kandidaten legen zunehmend Wert auf psychologische Sicherheit und emotionales Wohlbefinden am Arbeitsplatz, besonders in jüngeren Generationen.
Quelle: Uprise Health – Employer Brand & Mental Health (2023)
Fazit
Es ist Zeit für Schweizer Unternehmen, über oberflächliche Wellness-Initiativen hinauszugehen und sich zu umfassenden Mental Wealth-Strategien zu bekennen. Indem systemische Probleme angegangen und eine Kultur der psychologischen Sicherheit gefördert wird—während gleichzeitig evidenzbasierte Praktiken wie MBSR integriert werden—können Organisationen Arbeitsumfelder schaffen, in denen Menschen gedeihen, nicht nur überleben.
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